Geschichte und Wappen

Geschichte und Wappen

Geschichte und Wappen

Seine lange Vergangenheit sieht man unserem 3900 Einwohner zählenden Ort nicht an. Farchant überrundet so manche bekannte Großstadt weit an Jahrhunderten, so auch die bayerische Landeshauptstadt München um ein halbes Jahrhundert.

Schon um 1200 v. Chr. hatten die Bernsteinhändler aus dem Ostseeraum durch die Sümpfe und den Urwald des Zugspitzlandes einen Pfad getreten, um den Rohstoff des Nordens gegen begehrte Fertigprodukte des Südens einzutauschen.

wappenSeit etwa 200 n. Chr. hallten dann die Marschtritte römischer Kohorten und die Rufe südlicher Fuhrleute durch unseren Talgrund: Die Römer hatten den mitunter halsbrecherischen Pfad in einer technischen Meisterleistung zu einer Heer- und Handelsstraße ausgebaut, die Norditalien mit Süddeutschland verband.
Die Straße durchs Zugspitzland überdauerte ihre römischen Erbauer um Jahrhunderte. Um 600, nachdem das "Imperium" schon längst zerfallen war, rückten die germanischen Bajuwaren, vom Alpenvorland her, dem Straßenzug folgend ins Tal nach und gründeten zuletzt Forahaida (= Föhrenheide, Farchant) und Germarsau (Garmisch). Beim Bau der Eisenbahnlinie entdeckte man im vorigen Jahrhundert den Friedhof der ersten Farchanter, die sich im Bereich der nördlichen Hauptstraße niedergelassen hatten: Reihengräber, germanisch und ohne christliche Beigaben.
Christen wurden die Farchanter nämlich erst rund fünf Generationen später. Um 750 missionierten irische und schottische Mönche unsere Gegend, und man darf mit Sicherheit annehmen, dass in dieser Zeit bereits eine Kirche am Ort errichtet wurde. Wenig später, im Jahre 807, stritten sich der Bischof von Freising und ein Graf aus dem Oberinntal um den Kirchenbesitz des St. Andreas-Gotteshauses. Damit ist Farchant erstmals mit einer Urkunde nachweisbar.
Um 1200 ließ Herzog Otto v. Meranien aus dem einst mächtigen bayerischen Grafengeschlecht der Andechser, zum Schutz des Talkessels und der Reichsstraße Augsburg-Venedig, die Burg Werdenfels südlich von Farchant erbauen. In zwei umfangreichen Käufen erwarben aber noch im selben Jahrhundert (1249 /1294) die Bischöfe von Freising aus seinem Nachlass, die Grafschaft Werdenfels und damit auch unseren Ort. Ein halbes Jahrtausend hieß es nun zu recht: "Unterm Krummstab ist gut leben!" Das galt hier in zweifacher Hinsicht. War schon der Landesherr ein Bischof, so gehörten die meisten Farchanter Gehöfte zahlreichen Klöstern (Polling, Dießen, Ettal, Benediktbeuern, Schlehdorf u.a.), die sie an ihre Grundholden weiterverliehen. Wie überall im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, herrschten auch im Werdenfelser Land im 16.und 17. Jahrhundert politische und religiöse Unruhen. Überfall des Protestantenführers Moritz von Sachsen auf 4 den Kaiser in Innsbruck (1552), Hexenprozess in Garmisch, dem vier Frauen zum Opfer fielen (1590), Massensterben während der Pestjahre 1633/34 und Bau der Schwedenschanze nördlich von Farchant.

Zwischen 1700 und 1800 nahm das Dorf unterm Fricken, mit seinen gut 300 Einwohnern, einen ungeahnten, wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung. 1728 ließen die Farchanter – aus den Steinen der verfallenen Burg Werdenfels – den Münchner Stadtbaumeister Johann Mayr anstelle der alten gotischen, eine neue barocke Kirche errichten. Einheimische Flößer gingen mit Holz, Kalk, Gips und Vieh auf monatelange Floßfahrten bis nach Ungarn. Andere betrieben als erfolgreiche Kaufleute Handelsniederlassungen in Warschau, Berlin, Hamburg oder Bremen. Bauernsöhne wurden Studenten und Priester. Auch das leder- und holzverarbeitende Handwerk blühte auf. Der Aufschwung war so auffallend, dass Tiroler und Bayern die Grafschaft jetzt das "Goldene Landl" nannten. Allein in Farchant hatte sich in jenen hundert Jahren das Gesamtvermögen der Bevölkerung von 30 000 Gulden auf 88 000 Gulden fast verdreifacht. Nahezu die Hälfte der damals bestehenden 73 Anwesen wurden in dieser Zeit abgerissen und den neuen Verhältnissen entsprechend wieder aufgebaut. Die meisten heute im Dorfkern noch erhaltenen Häuser stammen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. 1793 erhielt Farchant schließlich nach einer großzügigen frommen Stiftung einen eigenen Geistlichen und Lehrer, der in der Pfarrhofstube knapp 40 Kinder zu unterrichten hatte. Um den Österreichern zuvorzukommen, besetzten im Sommer 1802 bayerische Truppen die Grafschaft Werdenfels, nachdem das Staatswesen der Freisinger Bischöfe in den Napoleonischen Wirren untergegangen war. Unser Dorf wechselte wie die knapp 6000 Werdenfelser den Landesherrn. Den Bischöfen folgten die weißblauen Kurfürsten und Könige. Niedergang des Handels, verheerende Epidemien (Cholera 1836) und Viehseuchen (1842) und die erhebliche Einschränkung der Rechte am Wald als Holzlieferant trugen zur spürbaren Verarmung der Bevölkerung bei. Die 1889 eröffnete Bahnlinie München-Garmisch veränderte zuletzt zusehends das Gesicht des Ortes und des ganzen Tales. Flößerei und Fuhrwerk gingen weiter zurück, dafür entdeckten immer mehr Städter das Landl unter der Zugspitze. Der Fremdenverkehr – heute Wirtschaftsfaktor Nummer eins – setzte ein.
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wird Farchant eine Pfarrei und überschreitet mit der Aufnahme vieler Heimatvertriebener die 2.000 Einwohner Schwelle.
Im Mai 2000 wird der Farchanter Tunnel eröffnet – die Ortsumgehung entlastet durch den täglichen Durchgangsverkehr.

Joseph Brandner

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